Ein Leitfaden für Verkäufer und Käufer – rechtssicher, fair und nachvollziehbar
Beim Verkauf eines Mehrfamilienhauses geht es nicht nur um den Kaufpreis, die Übergabe und die notarielle Beurkundung. Ein entscheidender, oft unterschätzter Punkt ist die gerechte Aufteilung der Betriebskosten im Jahr des Verkaufs – also in dem Jahr, in dem der Eigentümerwechsel stattfindet.
Was viele Eigentümer nicht wissen: Die Betriebskostenabrechnung muss für das gesamte Kalenderjahr erstellt werden, auch wenn das Objekt bereits den Besitzer gewechselt hat. Dabei stellen sich viele Fragen:
- Wer ist für die Abrechnung zuständig?
- Wie werden Vorauszahlungen und tatsächliche Kosten aufgeteilt?
- Wer trägt etwaige Guthaben oder Nachforderungen?
In diesem Beitrag geben wir als Wienroth Immobilien GmbH & Co. KG Ihnen einen umfassenden Überblick – aus der Praxis für die Praxis.
Was sind Betriebskosten?
Betriebskosten (auch Nebenkosten genannt) sind regelmäßig wiederkehrende Kosten, die dem Eigentümer durch den Gebrauch des Gebäudes und des Grundstücks entstehen. Diese Kosten dürfen laut § 556 BGB auf die Mieter umgelegt werden, typischerweise durch monatliche Vorauszahlungen mit anschließender jährlicher Abrechnung.
Zu den umlagefähigen Betriebskosten zählen unter anderem:
- Grundsteuer
- Kosten für Wasser, Abwasser, Heizung und Warmwasser
- Müllabfuhr und Straßenreinigung
- Allgemeinstrom und Beleuchtung
- Sach- und Haftpflichtversicherungen
- Hausmeister, Gartenpflege, Winterdienst
Was passiert im Verkaufsjahr?
Im Verkaufsjahr kommt es zu einer Aufteilung der Betriebskostenverantwortung zwischen Verkäufer und Käufer. Die Verteilung betrifft dabei:
- 1.Die bereits gezahlten Vorauszahlungen der Mieter
- 2.Die tatsächlichen Kosten des Jahres
- 3.Die Verantwortung für die Betriebskostenabrechnung gegenüber den Mietern
- 4.Etwaige Nachzahlungen oder Guthaben
Diese Punkte sollten vorab klar geregelt werden, um spätere Missverständnisse oder finanzielle Unstimmigkeiten zu vermeiden.
1. Der Stichtag: Besitz-, Nutzen- und Lastenwechsel
In jedem notariellen Kaufvertrag wird ein Übergabestichtag definiert ,meist als der wirtschaftliche Übergang, also der Zeitpunkt, zu dem Besitz, Nutzen und Lasten vom Verkäufer auf den Käufer übergehen. Dieser Tag bildet die Grundlage für die Betriebskosten-Aufteilung.
- Alle Einnahmen und Ausgaben bis zu diesem Stichtag betreffen den Verkäufer.
- Alles, was danach anfällt, betrifft den Käufer.
2. Aufteilung der Vorauszahlungen
Mieter leisten in der Regel monatliche Vorauszahlungen auf die Betriebskosten. Diese werden zeitanteilig zwischen Verkäufer und Käufer aufgeteilt, in der Praxis meist monatsgenau.
Beispiel:
Ein Objekt wird zum 01.07.2025 übergeben. Ein Mieter hat monatlich 200 € Vorauszahlung geleistet.
- Verkäufer steht der Zeitraum Januar bis Juni zu → 6 × 200 € = 1.200 €
- Käufer steht der Zeitraum Juli bis Dezember zu → 6 × 200 € = 1.200 €
Diese Beträge sind bei der Übergabe zu berücksichtigen – entweder durch direkte Zahlung oder Verrechnung.
3. Aufteilung der tatsächlichen Betriebskosten
Die effektiv entstandenen Kosten (z. B. Heizkostenabrechnung, Müllgebühren, Versicherungsbeiträge) werden ebenfalls zeitanteilig nach dem Übergabestichtag aufgeteilt.
Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten:
- Pauschale Aufteilung nach Monaten (z. B. 6/12 Verkäufer, 6/12 Käufer)
- Verbrauchsgenaue Aufteilung (z. B. durch dokumentierte Zwischenablesung der Zählerstände bei Übergabe)
Letzteres ist genauer, erfordert aber eine enge Abstimmung und Messprotokolle.
4. Abrechnung gegenüber den Mietern
Gemäß § 566 BGB tritt der Käufer in bestehende Mietverhältnisse ein und übernimmt damit auch die Pflicht zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung, für das gesamte Jahr, inklusive der Zeit, in der der Verkäufer noch Eigentümer war.
Daher ist der Käufer verpflichtet, die komplette Jahresabrechnung zu erstellen und den Mietern zuzustellen.
Verkäufer muss sicherstellen:
- Übergabe aller relevanten Unterlagen (Rechnungen, Vorauszahlungen, Ablesewerte, Verträge)
- Klare Auflistung seines Zeitanteils
- Mitwirkung bei Rückfragen
Käufer hat das Recht:
- Auf vollständige Unterlagen
- Auf verlässliche Angaben zur Vorperiode
5. Nachzahlungen und Guthaben. Wer bekommt was?
Nach Erstellung der Jahresabrechnung ergibt sich für jeden Mieter ein individuelles Ergebnis, entweder ein Guthaben oder eine Nachzahlung.
Die dahinterliegenden Kosten und Vorauszahlungen müssen intern zwischen Verkäufer und Käufer abgeglichen werden.
Empfehlung:
- Guthaben, das sich aus dem Zeitraum des Verkäufers ergibt, steht dem Verkäufer zu (z. B. wenn Vorauszahlungen höher waren als tatsächliche Kosten in seiner Zeit).
- Nachforderungen, die den Verkäuferzeitraum betreffen, sind ebenfalls vom Verkäufer zu übernehmen.
Ein tabellarischer Abgleich oder ein schriftliches Protokoll empfiehlt sich dringend.
Empfehlung für den Kaufvertrag
Damit spätere Diskussionen vermieden werden, sollte eine passende Klausel in den Kaufvertrag aufgenommen werden.
Formulierungsvorschlag:
„Die Betriebskosten für das laufende Kalenderjahr werden zwischen Verkäufer und Käufer zeitanteilig nach dem wirtschaftlichen Übergabedatum aufgeteilt. Der Käufer verpflichtet sich, die Jahresabrechnung gegenüber den Mietern vollständig zu erstellen. Der Verkäufer übergibt hierzu alle relevanten Abrechnungsunterlagen und wirkt bei Bedarf mit. Nachforderungen oder Guthaben werden nach Zeitanteilen zwischen den Parteien intern ausgeglichen.“
Diese Klausel ist klar, rechtssicher und bewährt sich in der Praxis.
Fazit
Die Aufteilung der Betriebskosten im Verkaufsjahr eines Mehrfamilienhauses ist kein formales Detail, sondern ein zentraler Punkt für ein sauberes und faires Eigentümerverhältnis. Wer frühzeitig Klarheit schafft, verhindert Konflikte, sichert die Korrektheit der Betriebskostenabrechnung und schützt sich vor finanziellen Überraschungen.

Wienroth Immobilien –
Ihr Partner für klare Lösungen
Wir begleiten Eigentümer und Käufer nicht nur bis zum Notartermin, sondern auch danach. Fragen zu Betriebskosten, Abrechnungen und Übergabeprozessen sind bei uns in besten Händen.
FAQ
Wie erfolgt die Aufteilung der Betriebskosten im Verkaufsjahr eines Mehrfamilienhauses?
Die Aufteilung der Betriebskosten im Verkaufsjahr eines Mehrfamilienhauses erfolgt zeitanteilig, basierend auf dem Stichtag des Besitz-, Nutzungs- und Lastenübergangs. Der Verkäufer übernimmt die Betriebskosten bis zu diesem Datum, der Käufer danach.
Wer ist für die Erstellung der Betriebskostenabrechnung im Verkaufsjahr verantwortlich?
Im Verkaufsjahr eines Mehrfamilienhauses ist der Käufer für die Erstellung der Betriebskostenabrechnung verantwortlich, da er gemäß § 566 BGB in das Mietverhältnis eintritt und die Pflicht zur Abrechnung übernimmt.
Wie werden Vorauszahlungen der Mieter im Verkaufsjahr aufgeteilt?
Die Vorauszahlungen der Mieter im Verkaufsjahr werden zeitanteilig zwischen Verkäufer und Käufer aufgeteilt, wobei der Zeitraum vor dem Übergabestichtag dem Verkäufer und der Zeitraum nach dem Stichtag dem Käufer zugeordnet wird.
Was passiert mit Nachzahlungen oder Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung?
Nachzahlungen oder Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung im Verkaufsjahr eines Mehrfamilienhauses werden gemäß der Zeitanteile zwischen Verkäufer und Käufer aufgeteilt, wobei der Verkäufer für die Nachforderungen aus seiner Zeit verantwortlich bleibt.
